Im Laufe der letzten Jahre hat sich die Methodik in IT-Projekten stark gewandelt. Diese Wandlung hat auch vor ERP-Projekten nicht Halt gemacht: Während es früher für das Projektteam hauptsächlich darauf ankam, die Funktionen der zu implementierenden Software möglichst detailliert zu kennen, ist die Methodik mittlerweile viel mehr in den Vordergrund gerückt. So hat auch die Relevanz der Anforderungsaufnahme zugenommen. Sie nimmt entscheidenden Einfluss auf den Erfolg des Projekts, denn nur wer die verschiedenen Anforderungen und Erwartungen aller beteiligten Bereiche kennt, kann die Rahmenbedingungen der Software und des Projekts identifizieren. Erfolgt dies nicht, entsteht über das gesamte Projekt hinweg die sogenannte Anforderungslücke. Wir verraten Dir, wie Du Anforderungen lückenlos aufnimmst, sodass in Deinem Projekt die Anforderungslücke gar nicht erst entsteht.

Projektphasen

Die Anforderungsaufnahme steht in typischen ERP-Projekten ganz zu Beginn des Projekts, noch vor der Konzeption, Entwicklung und Implementierung. Sie verrät Dir den aktuellen Ist-Zustand und bildet die entschiedene Basis für Dein gesamtes Projektvorhaben. Erst nach einer umfassenden Anforderungsaufnahme und -analyse können nach und nach die weiteren Projektphasen erfolgen. Dadurch übernimmt die Anforderungsaufnahme und -analyse entscheidenden Einfluss auf den Erfolg Deines Projekts. Grund genug also hier genau hinzusehen, welche Herausforderungen Dir hierbei begegnen können.

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Klassische Projektphasen innerhalb eines ERP-Projekts

Anforderungsaufnahme

1. Fokus auf Prozesse
Um Anforderungen strukturiert und lückenlos aufzunehmen, eignet sich deren Einteilung und Sortierung nach Prozessen. Erfolgreiche Projekte starten daher mit der Erfassung der Unternehmensprozesse. Entweder kann ein Unternehmen diese modellierten Prozesse bereits aus der Schublade ziehen, oder sie werden zu Beginn des Projekts gemeinsam mit den Fachbereichen erarbeitet und dokumentiert. Auch im ersten Fall solltest Du dringend überprüfen, ob auch wirklich alle Prozesse vollständig erfasst sind und diese dem derzeitigen Ist-Zustand entsprechen. Oftmals wird zugunsten des Budgets und des vorgegebenen Zeitrahmens auf die ausführliche Prozessaufnahme verzichtet. Hierbei besteht die Gefahr, dass das zu einer verzerrten Anforderungsaufnahme führt, die sich entweder auf die aktuelle Arbeitsweise („Das haben wir immer so gemacht“) oder die Funktionalität des aktuellen Systems („Das wird im System nun mal so abgebildet“) konzentriert. Hinzukommt die verbreitete Annahme, dass dadurch Ressourcen eingespart werden. Die Erfahrung hat allerdings offengelegt, dass dadurch viel mehr Ressourcen im Verlauf des Projekts noch eingefordert werden müssen, um es erfolgreich abschließen zu können. Achte also darauf, dass Dir das nicht passiert und nimm Dir von Beginn an ausreichend Zeit, um Deine Prozesse lückenlos zu erfassen.

2. Stakeholder Management
Nahtlos an die Prozessaufnahme schließt das Stakeholder Management an. Erfolgreiche Projekte zeichnen sich auch dadurch aus, dass die Stakeholder-Struktur ermittelt und mit den dazugehörigen Prioritäten gemanagt wird. Fehlt dies, kann die Anforderungsaufnahme an Objektivität einbüßen. Es besteht das Risiko, dass Anforderungen entweder zu stark priorisiert werden oder gar unter den Tisch fallen– je nachdem, welchen Fürsprecher sie haben. Eine überproportionale Häufung von Anforderungen aus einer bestimmten Personengruppe kann ebenfalls die Folge sein. Sind hingegen andere Abteilungen weniger stark vertreten, besteht die Gefahr, dass deren Anforderungen für das Projekt zu kurz kommen oder gar verloren gehen.

3. Dokumentation
Sowohl die aufgenommenen Prozesse als auch die aufgenommenen Anforderungen der Stakeholder müssen vollständig dokumentiert sein. Dafür sollte folgende Frage bei der Dokumentation als Maßstab dienen: „Kann eine Dritte Person, die an den Gesprächen nicht teilgenommen hat, die erfassten Inhalte verstehen?“ Für die Prozesse bedeutet dies, dass sie am besten nach einem gängigen Standard – möglichst nach BPMN – modelliert sein sollten. Aus jeder dokumentierten Anforderung der Stakeholder sollte dagegen klar hervorgehen:

  • Wer benötigt etwas?
  • Was wird benötigt?
  • Warum wird dies benötigt?

Achte dabei darauf, dass es in diesem Schritt keinesfalls darum geht, dass die involvierten Stakeholder bereits mögliche Lösungen identifizieren.

4. Produktneutralität
Eines der ausschlaggebendsten Kriterien bei der Anforderungsaufnahme ist die Produktneutralität. Die Qualität der Anforderungsanalyse kann erheblich sinken, wenn sie nicht aus einer neutralen Perspektive durchgeführt wird. Schließlich sollte hierbei immer der Fokus darauf liegen, dass die echten Anforderungen mit deren Wertschöpfung aufgenommen werden. Die neutrale Sichtweise hilft außerdem dabei, dass eine Moderationsfunktion eingenommen werden kann und subjektive Wahrnehmungen frühzeitig erkannt und verhindert werden. Andernfalls entsteht automatisch zugleich eine Abschätzung, ob die Anforderungen von einer bestimmten Software abgedeckt werden können, was erheblichen Einfluss auf die Qualität des Backlogs hat.

Kleine Abweichung mit großen Auswirkungen

Wie bereits zu Beginn erläutert, bildet die Anforderungsaufnahme die Basis des Projekts. Ist die Anforderungsaufnahme unzureichend, weist Defizite auf oder beinhaltet falsche Prioritäten, potenzieren sich die Abweichungen in den anschließenden Projektphasen und die sogenannte Anforderungslücke wächst, denn es werden Konzepte erstellt auf Basis von:

  • Unvollständigen Informationen
  • Annahmen
  • Falschinformationen

Die fatale Konsequenz: Die Software wird auf Basis dieser Konzepte ausgewählt, entwickelt und baut auf einer falschen Ausgangslage auf, sodass das Ergebnis nicht die tatsächlichen Anforderungen erfüllt. Diese Abweichungen fallen in der Regel erst in der Testphase auf. Je nach Projektvorgehen, ziehen diese kleinere bis massive Korrekturen nach sich, welche Einfluss auf das Budget sowie den zeitlichen Ablauf nehmen.

 

Folgen für den Projektscope und Backlog – Fehlerhafte Basis des gesamten Projekts

Abgesehen von den beschriebenen Effekten, kommt der Anforderungsaufnahme eine noch wichtigere Aufgabe zuteil. Denn die Anforderungen bilden die Basis des Backlogs (agile Methoden) bzw. des Scopes (Wasserfallmethoden) für das gesamte Projekt. Sind die Anforderungen also unvollständig, entsteht ein falscher Backlog und es wird nahezu unmöglich, diese Abweichungen innerhalb des ursprünglich geplanten Budget- und Zeitrahmens zu korrigieren. Die ursprüngliche Ressourcenplanung ist dadurch nichtig. Als Folge muss das gesamte Projekt neu geplant werden, wobei nochmal eine Schleife über die gesamte Anforderungsaufnahme gedreht werden muss. Das gilt es unbedingt zu vermeiden! Deshalb ist es wichtig, dass Du bereits von Beginn an darauf achtest, die Anforderungslücke zu verhindern.

mid-gmbh-blog-abweichungen-in-erp-projekten-1Abweichungen beim klassischen Projektvorgehen

All unsere Tipps auf einen Blick

Starte Dein Projekt mit der Prozessmodellierung. Nimm Dir ausreichend Zeit, um die Prozesse in Deinem Unternehmen zu erfassen und dokumentiere sie so, dass sie auch Unbeteiligte nachvollziehen können. Sprich mit allen Stakeholdern, erfahre welche Rolle sie bei den Prozessen einnehmen und beziehe sie mit der entsprechenden Priorität an den entscheidenden Stellen ein. Erstelle eine umfassende Dokumentation in Form von User Stories. Behalte während der gesamtem Anforderungsaufnahme stets die Neutralität im Blick. Während dieser Phase des Projekts spielen Produkte noch keine Rolle. Nur wenn es Dir gelingt, den Fokus auf Deine individuellen Anforderungen beizubehalten, kanns Du Dir den für Dich richtigen Backlog erarbeiten.

Wir unterstützen Dich dabei

Wie Du siehst, sind IT-Projekte in der Regel zu komplex, um von Generalisten gestemmt werden zu können Als Spezialisten für Anforderungsmanagement helfen wir Dir dabei, Deine Ist-Prozesse korrekt und vollumfänglich zu erfassen und anschließend mit allen Stakeholdern Deine Anforderungen zu analysieren. So gelingt es uns, ein gemeinsames Verständnis zu schaffen und zugleich die Anforderungen klar Prozessen zuordnen zu können. Profitiere davon, dass wir objektiv und anbieterunabhängig Deine individuellen Anforderungen identifizieren. Mit uns stellst Du die notwendige neutrale, produktunabhängige Sichtweise sicher und fokussierst Dich auf das Wesentliche: Deine ganz eigenen Anforderungen an das ERP-System.

Lege also jetzt los und nimm unverbindlich Kontakt mit uns auf!

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