Design Thinking (DT) ist kein unbekannter Name. Doch was steckt dahinter und warum lohnt es sich Design Thinking im Detail anzuschauen? Dieser Frage gehen wir auf den Grund.
Zuerst werden die einzelnen Phasen des Design Thinkings vorgestellt, danach der Methodenkoffer des DT aufgezeigt und zum Schluss werden die Kniffe bei der Zusammensetzung des Teams im Detail betrachtet.
Design Thinking Phasen
Nach Uebernickel et. al durchläuft ein Design Thinking Projekt folgende Phasen (siehe Abbildung 1):
1. In der ersten Phase "Problemdefinition und Re-Definition" wird das anzugehende Problem definiert. Ergebnis der Phase soll eine Frage sein, die es im Rahmen des Projektes zu beantworten gilt.
2. In der nächsten Phase "Need Finding und Synthese" werden Bedürfnisse von Kunden, Nutzern und weiteren Stakeholdern identifiziert. Aus diesen werden in einem weiteren Schritt Insights (Erkenntnisse) gewonnen. Das Ziel ist aus den Erkenntnissen die Möglichkeiten für die Neuentwicklung von Ideen, Produkten, Dienstleistungen und Geschäftsmodellen zu gewinnen.
3. Ausgehend von Ergebnissen von "Need Finding und Synthese" werden in der Phase "Ideengenerierung" neue Ideen ausgearbeitet.
4. Basierend auf den Ideen werden bei "Prototyping und Storytelling" Prototypen von Produkten, Dienstleistungen und Geschäftsmodellen entwickelt.
5. Beim "Testen" holt man sich das Feedback von Testern. Des Weiteren kann das Testen dazu genutzt werden, um ein Problem besser zu verstehen oder die in vorherigen Phasen getroffenen Annahmen zu prüfen.
Abbildung 1: Design Thinking Phasen
Für jede DT Phase gibt es geeignete Methoden, die man anwenden kann, um zum jeweiligen Phasenziel zu gelangen. Wenn Sie sich nun fragen, wie das Vorgehen in den einzelnen Phasen konkret aussehen könnte, hilft Ihnen die Auswahl der geeigneten Methoden weiter (siehe Tabelle 1). Diese Methoden werden in den kommenden Beiträgen für eine step-by-step Analyse und Lösung eines IT-Problems angewendet. Eine vollständige Liste ist in dem Design Thinking Handbuch von Uebernickel et al. (siehe oben) zu finden.
Methode |
Beschreibung der Methode |
Anwendung in Phase |
Framing und Reframing |
Bei dieser Methode werden implizite und explizite Grundannahmen 1. identifiziert 2. hinterfragt und 3. umdefiniert. |
1. Problemdefinition und Re-Definition |
5 Why's |
Diese Methode hilft grundlegende Ursachen für ein Problem zu finden. Bei der Durchführung wird die Frage „Warum?“ bis zu fünfmal gestellt. Die Antworten helfen den wirklichen Ursprung eines Problems zu finden. |
2. Need Finding und Synthese |
Brainstorming |
Brainstorming ist eine Methode zur Ideenfindung. Wichtig dabei ist, dass während dem Brainstorming keine Fachdiskussionen entstehen, sondern lediglich die Ideen gesammelt werden. |
3. Ideengenerierung |
How Might we |
Diese Methode ermöglicht dem Team „die richtigen Fragen“ zu stellen und die am besten geeignete Wortwahl zu finden, die dem Team hilft zu einer Lösung zu kommen. |
3. Ideengenerierung |
The Powers of Ten |
Die Methode ermöglicht dem Team das Problem durch unterschiedliche Auslegungsgrade zu betrachten. Der Auslegungsgrad kann vergrößert und verkleinert werden. Eine Analogie dazu kann ein Mikroskop sein. In diesem Video ist die Methode anschaulich erklärt. |
3. Ideengenerierung |
(Paper) Prototyping |
Paper Prototyping wird nicht nur in der User Interface für Oberflächenentwürfe sondern auch in anderen Bereichen eingesetzt. An Stelle von Papier können digitale Lösungen wie z.B. Vectr oder Balsamiq Mockup eingesetzt werden. Die Methode eignet sich besonders um schnelle Prototypen zu bauen: Flugzeuge, Autos, Cockpits, Portmonees, etc. |
4. Prototyping und Storytelling |
NABC Pitch |
N - Need: Identifizierung des Bedarfes. Beantwortung der Frage welches Problem gelöst werden muss. A - Approach: Beantwortung der Frage wie das Problem gelöst wird B - Benefit: Welchen Vorteil erhält der Kunde mit der konkreten Lösung? C - Competition: Welches Alleinstellungsmerkmal besitzt die Lösung? Wie unterscheidet sich die Lösung von anderen existierenden Lösungen? |
5. Testen |
Tabelle 1: Design Thinking Methoden
Das Projektteam
Bei Innovationsprojekten bildet das Team eines der wichtigsten Bestandteile. Dabei spielen vor allem die individuellen Ausprägungen eines jeden einzelnen Teilnehmers eine bedeutsame Rolle. Diese können beispielweise nach der DISG-Methode analysiert werden, welche die Persönlichkeit in vier Grundtypen aufteilt: Dominanz (D), Initiative (I), Stetigkeit (S) und Gewissenhaftigkeit (G). Beim Aufbau eines Teams sollten diese vier Ausprägungen idealerweise berücksichtigt werden. Tabelle 2 zeigt beispielhaft die Berücksichtigung von DISG Profiltypen bei einem Team bestehend aus 6 Personen.
Anzahl der Personen |
DISG Profiltyp |
Rolle |
Beschreibung
|
1 |
D |
Projektleiter |
Diese Person ist für die Verwaltungstätigkeiten rund um das Projekt, Einhaltung von organisatorischen Rahmenbedingungen und für die Verfügbarkeit aller erforderlichen Informationen und Materialien für das Team verantwortlich. Des Weiteren ist der Projektleiter kein aktiver Bestandteil des Teams und arbeitet nicht im Projektalltag mit. Diese Person wird in regelmäßigen Abständen über den Projektfortschritt informiert und greift aktiv in Ausnahmesituationen in das Projekt ein. |
1 |
I mit Ausprägung im S |
Teamleiter |
Der Teamleiter arbeitet aktiv mit, treibt das Projekt voran und berichtet dem Projektleiter den aktuellen Projektstand. Diese Person sollte ein Generalist sein. Sie wird nicht in die verwaltungstechnischen Aufgaben einbezogen. |
2 |
S und G |
Teammitglied |
Teammitglieder kommen aus der operativen Ebene (z.B. Entwickler bei IT bezogenen Innovationsprojekten). Sie sind Fachspezialisten in jeweils einem anderen Bereich, z.B. Frontend- und Backend Entwickler. |
1 |
G mit Ausprägung |
Teammitglied |
Ein Teammitglied sollte Kenntnisse aus dem Marketingbereich vorweisen können, um den Blickwinkel aus der Kundenperspektive einzubeziehen. |
1 |
S mit Ausprägung |
Teammitglied |
Eine Person die einen frischen Blick von außen mitbringt, z.B. ein Praktikant. |
Tabelle 2: DISG Projektrollen
Die Idealgröße eines Teams ist ähnlich wie bei SCRUM und beträgt 5 bis 7 Personen. Das ausgewogene Verhältnis zwischen den einzelnen Ausprägungen von DISG Profiltypen ist für das Gelingen des Projektes bedeutend. Deswegen sollte kein D-Type ein aktives Teammitgleid sein oder mehrheitlich G- und I-Typen im Projekt arbeiten.
Der D-Typ (Dominanz) hat die Tendenz die Sichtweisen andere Mitglieder zu unterdrücken und den eigenen Willen durchzusetzen. Damit wird das Projekt von Anfang an in eine bestimmte Richtung getrieben und die Menge von Erkenntnissen und damit der potentiell möglichen Ideen und Lösungen auf ein Minimum reduziert.
Wenn die Mehrzahl der Mitglieder G-Typen (Gewissenhaftigkeit) sind, kann die Teamdynamik in die analytische und systematische Richtung kippen, der Prozess von Design Thinking wird dann zwar korrekt ausgeführt, allerdings kommen voraussichtlich keine brauchbaren Ergebnisse heraus, weil das Analytische und Systematische den fundamentalen Stützpfeilern der Innovation, dem divergenten Denken und der explorativen Vorgehensweise widerspricht (siehe Beitrag Innovate IT! - Was ist Innovation und welche Innovationsmethoden gibt es?).
Bei einer Mehrheit von S-Typen (Stetigkeit) besteht das Risiko, dass das Projekt die notwendige Dynamik für den Erfolg nicht entwickeln kann, da man sich überwiegend auf Stabilität (und nicht drive) konzentriert.
Von dem I-Type (Initiative) sollte maximal eine Person im Projekt (oder eine Person je Team) sein. Bei mehreren I-Typen kann die Dynamik in Richtung Ideenwettbewerb kippen und das Team riskiert das Kundenanliegen aus den Augen zu verlieren.
Unsere nächsten Themen zur Blog-Reihe:
Innovate IT! - Analyse eines IT-Problems step-by-step mit Design Thinking
Innovate IT! - Lösung eines IT-Problems step-by-step mit Design Thinking
Vorangegangene Beiträge:
Innovate IT! - Was ist Innovation und welche Innovationsmethoden gibt es?
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