Weil immer mehr MID-Consultants beratend in agilen Kundenprojekten unterwegs sind, haben sich vier von uns im Sinne der stetigen Weiterbildung Anfang Juni in Richtung Stuttgart/Filderstadt aufgemacht, um an der größten Community-Konferenz mit dem Schwerpunkt „Agilität“ teilzunehmen: dem „Scrum Day“.
Bereits zum elften Mal fand dieser vom 12. bis 13. Juni statt. Claudia Kausch, Veronika Stallmann, Bastian Stange und Patrick Wich waren mittendrin statt nur dabei und erlebten hautnah, welch großartige Bewegung sich aus dem beliebten agilen Framework „Scrum“ über die Jahre entwickelt hat. In zwei Blogbeiträgen möchten wir alle mit der Schilderung von persönlichen Eindrücken vor dem Hintergrund unterschiedlicher Rollen daran teilhaben lassen, wenn es heißt: „Wenn vier eine Reise tun …“
Beginnen möchten wir mit den Impressionen der beiden Senior Consultants Veronika Stallmann und Bastian Stange, die aktuell als Scrum Master in einem agilen Kundenprojekt eingesetzt sind:
Veronika Stallmann:
„Agile Coaching“ war das Schlagwort auf dem diesjährigen „Scrum Day“ in Filderstadt. Neben diverser spannender Vorträge waren der Austausch zu beratungsrelevanten Themen mit und die vielen Impulse von den vielen Kolleginnen und Kollegen das, was diese beiden Tage für mich so wertvoll gemacht hat.
Drei Beobachtungen teile ich gerne mit euch:
1. „Do it yourself“ oder: wie viel Schablone verträgt mein Prozess?
In den letzten Jahren waren Rahmenwerke wie zum Beispiel „SAFe“ oder „LeSS“ für die Skalierung von Projekten und Unternehmen in aller Munde. Die Erfahrung zeigt, dass das unreflektierte Anwenden einer Schablone auch in diesem Kontext wenig Sinn hat. Viele Kolleginnen und Kollegen berichten, dass Skalierung nur über die Beschäftigung und kontinuierliche Verbesserung mit den eigenen Prozessabläufen funktioniert und jegliche Rahmenwerke als Orientierung dienen, aber nicht als strikt zu befolgendes Dogma eingesetzt werden dürfen.
2. „Achtsamkeit“ oder: was hat das mit Agilität zu tun?
Als „esoterisches Spielzeug“ verschrien, haben viele Diskussionen rund um das Thema „Achtsamkeit“ meine Überzeugung gestärkt: Achtsamkeit ist ein Bewusstseinszustand, der einen Menschen befähigt, aus Ruhe und Besonnenheit heraus gute Entscheidungen zu treffen. Es hilft, den Fokus auf die bevorstehenden Aufgaben zu halten und Dinge „bewusst“ zu tun. Das führt in weiterer Folge zu Arbeitsentlastung und qualitativ hochwertiger Arbeit. Das Vorleben von Achtsamkeit bleibt allerdings immer noch die einzige Möglichkeit, deren Vorzüge in eine Unternehmung zu tragen.
3. „Anforderungen“ oder: braucht man sowas im agilen Kontext überhaupt noch?
Kurz gesagt: ohne Anforderung geht es nicht. Es bleibt immer die Frage, wozu tun wir eigentlich, was wir da tun, nämlich unabhängig von der Methode, die ein Projekt verwendet. Viele Unternehmen beschäftigen sich mit dem Umgang von Anforderungen im „Spannungsfeld“ der agilen Methoden und wieder gilt: keines hat die Paradelösung für alle parat. Es gibt allerdings ein paar coole Ansätze, die es wert sind, sich eingehend damit zu beschäftigen.
Bastian Stange:
Der „Scrum Day“ war, wie für agile (Un-)Konferenzen üblich, ein Feuerwerk aus neuen Kontakten, spannenden Gesprächen, Impulsen und frischen Ideen. Besonders sind mir persönlich die Keynotes von Jeff Sutherland und Gunther Verheyen im Gedächtnis geblieben, die mit ihren Beiträgen zur Agilität als Ganzes und Skalierung im Speziellen für den einen oder anderen Aha-Moment gesorgt haben. Auch mein eigenes Denken und Vorgehen bezüglich einiger Themen sind gestärkt aus diesen Vorträgen hervorgegangen.
Besonders meine Perspektive auf Frameworks zur Skalierung agiler Projekte und Organisationen hat sich gewandelt: Ist Scrum an sich ein simples Framework, um komplexe Probleme zu lösen, fügen jene Skalierungsframeworks wie zum Beispiel „SAFe“ eben jenem simplen Rahmenwerk eine weitere und erhebliche Ebene an Komplexität hinzu.
Was diese Skalierungsframeworks faktisch tun, ist in einer Organisation, deren Management noch in alten Verhaltens- und Vorgehensmustern arbeitet, eine „Transitionsschicht“ zu bieten, durch die eben dieses Management und der darin enthaltene mentale Wasserfall vor der Agilität „beschützt“ werden soll, bis die Transformation auch auf dieser Ebene weit genug fortgeschritten ist und keine Transitionsschicht mehr notwendig ist.
Bei einer wirklich erfolgreichen agilen Transformation geht es nicht um die Suche nach einem „QuickWin“, dem Anwenden einer Schablone, sondern darum, ein Organisations- und Skalierungsmodell zu finden (=selbst zu konstruieren), das zu der jeweiligen Organisation, deren Produkten und Kontext passt. Und das alles, um den maximalen Erfolg zu erzielen. Dies ist ein langer, steiniger Weg, an dessen Ende wir jedoch nicht einfach nur mehr agile Teams, sondern eine agile Organisation geschaffen haben.
Im nächsten Beitrag zum „Scrum Day“ berichten Claudia Kausch und Patrick Wich auf eine andere Art und Weise, nämlich nicht aus Sicht eines Scrum Masters, sondern als Managing Consultant und Senior Consultant.
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